Niels Bonde

Die Teddyb”ren beobachten uns

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Kleine St¸hle mit umgebauten Kameras und Gebisse mit Radiosendern sind Elemente der Kunst von Niels Bonde. Es geht um Ðberwachungsparanoia und eine ganze Kultur von Leuten, die verr¸ckt nach neuen Technologien sind. Warum gibt es diese seltsamen Klickger”usche im Telephon? Sp”ht da jemand vom Haus auf der anderen Straþenseite her¸ber? Ich frage mich, ob eine Kamera hinter dem Spiegel installiert ist, vor dem man seinen B¸stenhalter zurechtr¸ckt oder Grimassen schneidet. Auf einem dunkelblauen Podium steht ein Kinderstuhl auf dem ein Teddyb”r sitzt, flankiert von zwei weiþen Hasen. Hinter dem blinden Auge des Teddyb”ren verbirgt sich das immer wachsame Auge der Kamera und die drahtlosen Radiosender ¸bertragen alle Ger”usche. Auf einem anderen Podium sind Objekte wie z.B transparente Tische, ein Paar Zahnprothesen mit rosafarbenen Plastikgummies plaziert, alle ausger¸stet mit Radiosendern. Ein M¸lleimer, ein transparenter Hocker, und ein Paar gebrauchter Turnschuhe sind genauso mit Kamera und Sendern ausgestattet und das letzte Podium mit schwarzem Linoleum, Kabeln, Radios und Monitoren ist die ÑÐberwachungszentrale", wohin alles Gesehene und Geh–rte ¸bertragen wird.

L”cheln Sie bitte in die Ðberwachungskamera.

ÑDie meisten von uns verbinden eine unbestimmte Furcht mit neuen Technologien, weil wir sie nicht Ñlesen" k–nnen", sagt Niels Bonde. ÑWir wissen nicht wirklich, was passiert, wenn die Kreditkarte im Automat verschwindet, und wenn man ein wenig unsicher ist, hat man bald das Gef¸hl, daþ die Dinge gegen dich sind. Ich versuche eine vertauschte Version dieses Unbehagens zu zeigen, ein paranoides Gef¸hl, daþ die Dinge, der Tisch, der M¸lleimer, die Schuhe, uns zusehen und zuh–ren. Diese M–bel mischen sich in deine Person ein. Eines der Dinge, das mich dazu inspiriert hat, ist eine recht paranoide Dame, die im Keller des Hauses wohnt, wo ich auch lebe. Sie rannte herum und fuchtelte mit ihren hieroglyphischen Aufzeichnungen, auf denen Dinge standen wie:"Anker J¯rgensen und der Fleischer senden Radiowellen durch den Keller und versuchen, mein Leben zu kontrollieren". (Anmerkung:Anker J¯rgensen war D”nischer Kanzler in den siebziger Jahren) Und ich denke, es gibt mehr und mehr solcher Leute. Leute auf den Straþen, die alle m–glichen Arten von Erkl”rungen abgeben, wie sie von Lasern und Radiowellen beeinfluþt werden, so als ob neue Technologien bei Leuten mit psychischen Problemen etwas ganz bestimmtes ausl–sen w¸rden", meint Niels Bonde.

Doch es gibt viele Ebenen, es handelt sich auch um ein gesellschaftliches Problem von Kontrolle, Rechten und Freiheiten. Es ist verr¸ckt, daþ Video¸berwachungskameras ¸berall aufgestellt werden sollen und man f¸hlt sich eben ziemlich unbehaglich, wenn man identifiziert wird und in das schwarze Kameraauge l”cheln soll, wenn man seine Post abholt oder das Auto parkt. Das bringt Niels Bonde zum Ausdruck. ÑWenn du merkst, daþ jemand dich beobachtet, entsteht eine irrationale Unsicherheit. Es gibt keine Logik in diesen Dingen, denn zum selben Zeitpunkt tr”umen wir davon, eine Fliege auf der Mauer zu sein, weil wir glauben, dann die Wahrheit erkennen und erfahren zu k–nnen. Aber was ist mit denen, die dasitzen und sich diese Bilder ansehen. Die, welche die Bilder auf den Ðberwachungsmonitoren ansehen, was ist eigentlich mit denen? K¸mmern sie sich wirklich um das, was sie sehen oder machen sie bloþ Channel Surfing?" Wir haben uns alle von Filmen in Spannung versetzen lassen, in denen der Staat, ein Verr¸ckter oder ein Nachrichtendienst Mikrophone installiert und uns ¸berwacht hat. Wir kennen dieses Gef¸hl, daþ jemand weiþ, was wir tun, wenn wir allein sind. Doch Niels Bonde geht es nicht nur um die Angst vor der Ðberwachung und um neue Technologien, es geht ihm auch um die Fasziantion, Kontrolle ¸ber neue Technologien zu haben.

Wir sind eine Kultur groþer Jungs.

ÑDa ist immer diese Dualit”t. Denn wir sind zur selben Zeit ”ngstlich und bewundern dennoch die Maschinerie und das, was sie tun kann. Es steckt ein Junge in uns, einer der sich dar¸ber freut, die Maschinen dazu zu bringen, das zu tun, was wir wollen. Vieleicht sind wir eine Kultur groþer Jungs im Neuheitswahn: Alles Neue ist gut und aufregend. Es ist ein wahrgewordener Traum von Kontrolle ¸ber all diese elektronischen Beigaben. Ganz so wie bei James Bond und Herrn Q, der jede Krise mit einem L”cheln und einer schlauen Intervention beilegt. Die neuen Medien k–nnen etwas tun, das herauszufinden aufregend ist. Wenn ich in die Technologie eintauche, bekomme ich manchmal das Gef¸hl:"Mein Gott, sie dir an, was das alles kann!" Es gibt Macht, das ausl–sen zu k–nnen. Da ist also dieser Gegensatz: Wir wollen nicht von den Computern und Telefonanrufbeantwortern ablassen, doch gleichzeitig steigern sie die Angst und den Adrenalinausstoþ, so daþ die Trennung zwischen Kontrolle und kontrolliert werden nur sehr sehr d¸nn ist. Ich denke, daþ hier eine Inkompatibilit”t liegt und das ist es, was ich ¸berpr¸fen will. Ich habe keine L–sung, doch als Konsequenz dessen, daþ ich Bilder daf¸r gefunden habe, ist es f¸r mich weniger problematisch

" Die D”nen sind nicht nerv–s.

Obwohl Niels Bonde nicht glaubt, daþ es jemanden gibt, der die totale Ðberwachung aktiv vorbereitet, macht es ihn dennoch besorgt, daþ die D”nen so unkritisch sind. ÑWenn ich meinen Freunden in Deutschland von der Idee der B¸rgerkarte erz”hle, (Anmerkung:Eine Chipkarte, die Zugang zu Informationen gibt, die von den Beh–rden gesammelt werden) dann denken diese Freunde, das w”re beinahe schon stalinistisch. Doch die D”nen haben keine problematischen Erfahrungen mit totalit”ren Regimes, also denken sie, das w”re alles spaþig und unproblematisch. Ich glaube nicht, daþ es jemanden gibt, der die reale Intention hat, eine Art ¸bergeordneter totaler Kontrolle zu schaffen, doch die technischen M–glichkeiten existieren. Wenn alle Informationen digital vorhanden sind, dann braucht es vielleicht zehn Sekunden, um verbotene W–rter auszusondern. Und wo ist die Grenze? Wenn der Vorschlag k”me, die Strafgefangenen sollten elektronische Halsb”nder bekommen, sodaþ man sie nicht einsperren m¸þte, sondern sie zu Hause ¸berwachen und disziplinieren k–nnte, w”re das dann eine gute Idee? Denn wenn es gen¸gend Technik g”be, k–nnten wir alle permanent unter Ðberwachung stehen und dann sind wir theoretisch schuldig, es ginge nur mehr darum, herauszufinden, welcher Verbrechen wir schuldig sind."

Kunst um das Unbehagen aufzuheben.

Niels Bonde¥s Podiums sind voller Elektronik, Plastik und Kabel. Die Podiums haben helle Farben, sie sind blau, orange, und gr¸n, die M–bel sind durchsichtig und man kann die Ðberwachungstechnik die ganze Zeit sehen. ÑIch habe eine gestylte k¸nstliche Realit”t geschaffen und alles sehr ¸bertrieben, um zu zeigen, daþ es verschiedene Schichten und Ebenen gibt. Denn sonst w¸rde es aussehen, als w”re alles nur zum verzweifeln und wir w¸rden in der H–lle enden. Zugleich bin ich selbst der Voyeur und das Opfer, ich bin fasziniert und verunsichert von diesen Dingen. Ich habe keine kurze Antwort, doch was Kunst tun kann, ist die Elemente rundherum zu ver”ndern, und es weniger ernst zu machen. Es ist ein unangenehmes Thema, wobei ich Humor benutze, um es aus dem Weg zu r”umen oder zu entwaffnen und die Luft rauszulassen".

Text: Susanna Maria Sommer

Ðbersetzung: Armin Medosch

Niels Bonde's sechs paranoide Arbeiten. "Ich hatte niemals Haare auf meinem K–rper oder Kopf." "Die Engel beobachten und trainieren uns." "Sie kontrollieren uns durch die TV-Ger”te." "Botschaften getarnt als das ger”usch der See." "Die Identit”t ist sich dessen nicht bewuþt, daþ sie aufgezwungen ist." "Wenn du die diskrete Folter nicht kennst, dann heiþt das, daþ du leicht verr¸ckt werden k–nntest. "

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bildergarten

Niels Bonde, geboren 1961 in Glostrup, D”nemark Studien der Architetur, Malerei und Skultpur an der K–niglichen Akademie Kopenhagen, 1982 - 89, Stichting Computer Animatie Nederland, 92-93, Institut f¸r Neue Medien, Frankfurt/Main, Deutschland 93-95. Ausgew”hlte Ausstellungen (*Einzelausstellungen): 1994: *Market Economy for Beginners, Kunstforeningen Gl. Strand, Kopenhagen, D”nemark 1995: Supranational Art, Biennale von Venedig, Italien Re-evolution, Museum of Contemporary Art, Helsinki, Finnland Telepolis, Europ”ische Kulturstadt 95 Luxembourg Flow of reaction, Haus der Kulturen der Welt, Berlin *I never had any hair on my body or head, Galleri Voges +Deisen, Frankfurt am Main, Deutschland 1996: *No one's Innocent, Gentofte Kunstbibliotek, Denmark

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