Auto-Automutilatie (Automatische Selbstverst¸mmelung)
Erik Hobijn

[Eine bildliche Darstellung, 36 KB]

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Ein K–rper, mein K–rper, wird mit Sprengstoff eingepackt, in eine schwere Stahlkiste gesteckt und zur Explosion gebracht. Die Explosion reiþt den K–rper auseinander und preþt ihn an die Kisteninnenw”nde. Dabei wird die St”rke des Schlages die W”nde verformen, der Stahl kopiert die Gewalt. Die W”nde bilden ein physisches Photo von dem, was das Dasein einst gewesen ist, allerdings stillgestellt, so wie der Tod und Kunstwerke es sind. Buchst”blich ein Nachschlag. Die W”nde k–nnen zu einer Kreuzform auseinandergefaltet werden, wobei ein klassisches, bekanntes Todessymbol ¸brigbleibt, ein Verweis auf jenes gewaltt”tige Moment.

Der K–rper ist ein mechanisches Konzept. Nerven geben eine Spannung, einen Puls ab. Dieser minimale Stromstoþ ist die Energie, die transportiert wird, um irgendwo im K–rper einen Prozeþ in Gang zu setzen. Warum sollte man dieses mechanische Konzept nicht durch eine mechanische Handlung unterbrechen und das Schicksal des Verfalls akzentuieren, oder gar erheben zu einer kontrollierten Tat, die in das eigene Leben des Menschen eingreift? Sterben kann ruhig genauso heftig sein wie die Erfahrung des Lebens selbst.

Mechanisierte Selbstverst¸mmelung, Auto-Automutilation, d.h. die selbstbewuþte Besch”digung der eigenen K–rperteile manifestiert auf direkte und primitive Weise die Anwesenheit des K–rpers und die Verg”nglichkeit dieser H¸lle. Die Besch”digung greift den K–rper an und negiert den Wert der Perfektion der Jugend, dem n”chstliegendsten Zeichen der Unsterblichkeit, das wir besitzen.

Selbstverst¸mmelung ist auch eine Weise, um in dosierter Form k–rperliche Schmerzen hervorzurufen und so eine Kommunikation zwischen K–rper und Geist zustande zu bringen. Der Schmerz erzeugt eine physische Wahrnehmung davon, daþ man lebendig ist. Das Suchen nach einem unmittelbaren Beweis, einer wahrnehmbaren Best”tigung der eigenen Existenz.

Wenn der Geist nicht mehr in der Lage ist, im Hintergrund seine Wahrnehmungen zu vollziehen und ein Bewuþtsein von seiner Anwesenheit in einer Umgebung zu entwickeln, dann ist Schmerz das Mittel, um wach zu werden und den Beweis des Daseins zu erbringen. Destruktion ist, in diesem Sinne, das Werkzeug, um die Einheit des Daseins, die Ganzheit von K–rper und Geist zu vertiefen. Dies ist der lebendige Teil der Gewalt gegen den eigenen K–rper.

Wenn kein Schmerz mehr wahrgenommen werden kann, ist von einem t–dlichen Zustand zu sprechen; man kann dann auseinanderfallen in die Teile, aus denen man bestanden hat. Das Auseinanderreiþen oder Explodieren bedeutet die Beschleunigung eines Prozesses, der doch eintreten w¸rde. Der Prozeþ des Vergehens ger”t in einen 'Overdrive', wenn der K–rper durch eine intensive Detonation korrodiert. Biologisch oder chemisch gesehen ”hneln sich beide Prozesse stark.

Durch Gewalt zu sterben bedeutet die Beschleunigung des Prozesses. Es ist eine Tat, eine Handlung, ein Entwurf.

Aus dem Niederl”ndischen von Andreas Broeckmann (c) 96

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