Bärbel Messing Das geheime Leben der Gummihandschuhe

Zu den Arbeiten von Margund Smolka

Alte, abgelaufene Schuhsohlen, industriell hergestellte, normierte Massenprodukte des alltäglichen Gebrauchs oder der Spielwarenbranche, Beton, Wachs und anderes mehr, Vorgeformtes und Formbares. Von äußerst heterogener Herkunft sind die Rohmaterialien, mit denen Margund Smolka in ihren plastischen Arbeiten umgeht, die sie zerlegt, abgießt, zerschneidet und in neue Formationen und Konstellationen bringt.

Fragmente - teilweise zerstört und ihre ursprüngliche Identität manchmal kaum noch preisgebend - erzeugen miteinander oder mit "artfremden" Elementen eine jeweils neue Spezies, deren Wesen und Funktion jenseits pragmatischer Begreifbarkeit liegt. Das Ausgangsmaterial, durch Zweckentfremdung und Verfremdung seiner ursprünglichen Bestimmung enthoben, wird freigesetzt für poetische Zündungen und zu neuen Definitionen ohne konkrete Vorbilder. Bisweilen formieren sich die Einzelelemente in serieller Reihung, die aus ihrer Gesamtheit ein neues Ganzes entstehen läßt und damit das serielle Prinzip gleichzeitig wieder unterlaufen. Das Spektrum reicht von animalisch-wesenhaften Gebilden wie den Gumrnihandschuhen, die einer kleinen Herde gleich sich über den Boden fortzubewegen scheinen, bis zur Fotoreliefarbeit, deren Motiv (16 mal derselbe banale Kasten für Milchtüten) sich auf den zweiten Blick in eine kristallin-abstrakt wirkende Struktur von fremdartiger Schönheit verw andelt.

Margund Smolkas plastische Arbeiten wie auch ihre Fotoreliefs leben vom subversiven Humor und den ihnen innewohnenden visuellen sowie inhaltlichen Antagonismen, die teilweise sofort offen zu Tage treten, teilweise sich erst dem zweiten oder dritten Blick eröffnen. In den Fotoarbeiten werden die Definitionen von Raum, Fläche und Gegenstand in Frage gestellt, auf geradezu anarchische Weise unterrniniert. Vorne und hinten, Plastisches und Flächiges changiert und läßt dem Betrachter eine Welt hinter der sogenannten sichtbaren Realität aufscheinen, einer anderen Dimension angehörend und unsere Kriterien und Zugriffsweisen auf die Welt in Frage stellend.

In der Konstruktion absurder Maschinen und Dinge, deren Sinn/Unsinn sich der Betrachter jeweils selbst erfinden muß, spiegelt sich auf sehr vielgestaltige Weise unser gebrochenes Verhältnis zur Welt, in der wir leben. Die Dinge erweisen sich im wahrsten Sinne des Wortes als Gegen-Stände, die sich einer einfachen, glatten, Sinngebung entgegenstellen.

 Margund Smolka

1958 geboren in Kiel; 1981-87 Studium der Freien Kunst an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig; lebt in Berlin

Stipendien:

1987 Reisestipendium des Alexander Dorner Kreises für New York; 1988 Stipendium des DAAD für Wien; 1992 Arbeitsstipendium des Senators für Kulturelle Angelegenheiten Berlin (mit Beate Spalthoff); 1995 Barkenhoff-Stipendium, Worpswede; 1996 Stipendium Mecklenburgisches Künstlerhaus Schloß Plüschow

Einzelausstellungen:

1987 Galerie Barz, Hannover; 1991 "Zur schönen Aussicht",dreiteiliger Ausstellungszyklus in den Türmen der Oberbaumbrücke in Berlin (mit Beate Spalthoff) (K); 1994 Galerie am Prater,Berlin; 1995 Palazzo Alberti,Rovereto,Italien; "Objekte",CULT,Wien; 1996 "Skulpturen und Objekte",Kunsthaus Essen; "Stückwerk",Galerie Pohlhammer,Steyr,Österreich (mit Erich Praschak); "ARME BEINE",Galerie Zörnig & Mock,Hannover; 1997 "nichts als bilder",Ausstellungsraum Hübner, Frankfurt a.M.

Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl):

1987 Deutscher Künstlerbund,Kunsthalle Bremen (K); Galerie Barz,Art Space Bristol,England (K); 1988 Herbstausstellung,Kunstverein Hannover (K); Deutscher Künstlerbund,Staatsgalerie Stuttgart (K); 1989 "reverse angle-new art from vienna",Chicago (K); Kunsthalle Exnergasse,Wien; 1990 Deutscher Künstlerbund, Berlin (K); 1992 "Szene Hannover", Kunstverein und Kubus Hannover; 1993 Realisierung der Wettbewerbsarbeit"Kopfzeile" im Görlitzer Park in Berlin (mit Beate Spalthoff); "Junge Kunst der Neunziger",Bonn,Hamburg,Berlin; 1994 "Europe Without Walls",Manchester City Art Galleries; 1995 Goldrausch VI,Künstlerhaus Bethanien,Berlin (K); KUNST WIEN 95, MAK Wien (mit Erich Praschak); 1996 "permanent changing", Galerie ak,Frankfurt a.M.; "handle with",CULT,Wien; "DEHNBAR",Neuer Kunstverein Aschaffenburg (K); 1997 "Halten Sie sich an Beispiele",Künstlerhaus Dortmund