Wenden wir uns als erstes einem Gemälde zu, das in besonders trefflicher Weise die Sammlung repräsentiert...
Es ist ein sogenanntes nisstuk, zu deutsch: "Nischenstück", oder "Fensternische", mit einem Selbstbildnis des Rembrandtschülers Gerard Dou. In dem rahmenden Architekturmotiv, das bei Rembrandt erstmals auftaucht, erkennen wir bei schwächstem Licht eine Atelierszene, eine Staffelei, einen Farbenreiber und einen Zuschauenden. Den Innenraum schließt ein roter, vor dem Fenster geraffter Vorhang ab. Im mehrfach profilierten Fensterrahmen, vom hellen Licht getroffen, lehnt der Maler; das illustrierte Buch vor ihm hängt über die Brüstung, uns entgegen, aber damit ist die ästhetische Grenze noch nicht erreicht. Unser Blick fällt auf dem am Fensterrahmen angehefteten Zettel, dessen umgeknickte Ecke ebenfalls augentrügerisch hervorsticht. Dieses Ensemble ist scheinbar in einen gemalten schwarzen Rahmen eingelassen, an dem in vorderster Schicht ein gemalter grüner Vorhang angebracht ist.
Vorhang, Rahmen, vorstehendes Buch bzw. Zettel, mehrfach profilierter Fensterrahmen, Vorhang, Tiefe des Ateliersraumes - ein kleines barockes Illusionstheater, Inhalt und Form werden hier aufs deutlichste zusammengebracht. Das Bild ist eine Selbstdarstellung der Malerei mit den Attributen und Mitteln der Malerei; Dous Kunst zeigt - wörtlich verstanden - wie in einer Auslage alles, was sie kann. So erzeugt sie ein Kunststück in reinster Form und bestätigt, ja überfüllt sie die Anforderungen der Sammlung.


Sprecher: Klaus Piontek, Deutsches Theater Berlin






1,218KB
sun audio
<<