„Wahrlich, ich frage Euch: Verstand man Brecht wirklich, den nach dem Tod man so genüsslich ausgestopft…“
Diese Gedichtzeilen spricht Uwe Kolbe im Dokumentarfilm „Der Weg aus der Ordnung“ aus dem Jahr 1984. Der junge Kolbe wollte mit Brecht argumentieren – auf die damals übliche, reformerische Weise.
Heute ist seine Sicht auf Brecht und die Angehörigen der damaligen Gegenkultur und kritischen Intelligenz eine grundsätzlich andere. Wenn er sagt: Genau so haben alle das gemacht, und auch ich – spricht er als Betroffener. Kolbes zentrale Frage: „Hätte es ohne Brecht die DDR überhaupt so lange gegeben?“ ist bitter ernst gemeint.
Das Buch ist keine Biographie, auch kein weiterer Forschungsbeitrag zu Brecht, aber eine Streitschrift, ein angriffslustiger Essay, der nicht nur ein neues Licht auf Brechts letzte Jahre und sein Nachleben wirft, sondern auch tief in die ideologischen Kämpfe des 20. Jahrhunderts hineinführt und dabei die grundsätzliche, hochaktuelle Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen künstlerischer Kritik stellt.